Herzbeben

Hatte die Jugendkantorei Meldorf in den vergangenen Jahren durch unorthodoxe und moderne Insze-nierungen für Aufsehen (Stummfilmkonzert “Der müde Tod“, Motettenkonzert „Ganz schön bist Du“) gesorgt, so steht das diesjährige Benefizkonzert im Meldorfer Dom unter dem romantischen Motto „Herzbeben“. Dreh- und Angelpunkt des diesjährigen Programmes ist ein alter Dithmarscher Bekannter: Johannes Brahms. Obwohl in Hamburg geboren, stammen sein Vater und Großvater aus Heide, wo der junge Johannes auch in seinen Jugendjahren viel Zeit verbrachte.

Das Volkslied lag Johannes Brahms besonders am Herzen. Für seinen ersten Chor in Hamburg, einem Kreis junger Mädchen (dem Hamburger Frauenchor), schrieb er drei- bis vierstimmige Sätze zu den da-mals beliebtesten Liedern. Hier konnte er sich als Komponist und Chorleiter ausprobieren und die Klang-lichkeit der hohen Stimmen studieren. Die Arbeit mit dem jungen Chor war ein entscheidender Schritt auf seinem künstlerischen Weg in die Zukunft - seine Kompositionen für Chor wurden immer repräsenta-tiver und komplexer. Das einfache Volkslied bildete die Grundlage für sein Schaffen und ließ ihn seinen Lebtag nicht mehr los. Mit den “Vier Gesängen für Frauenchor” op. 17, die er ebenfalls für die Hamburger Mädchen schrieb, stellt er sich ganz in die Tradition seiner Epoche, der Romantik.

Die musikalische Begleitung bilden dieses Jahr das Horn, ein Instrument, das Johannes Brahms von sei-nem Vater gut kannte und eine Harfe. Die Hörner stehen sinnbildlich für den geheimnisvollen Wald, die Harfe ist Symbol für die Vergänglichkeit, in der sich die gewöhnliche und raue Wirklichkeit aus Liebe-streu’- und leid, Einsamkeit, Heimat, Sehnsucht und Tod melancholisch einschmiegt.

Als Text liegt dem gesamten Werk ein Querschnitt durch die literarische Romantik mit ihren Quellen zu-grunde: Gälische Heldensagen aus Schottland in einer Übersetzung von Herder und epische Verse von Ruperti treffen auf mit humoristischen Andeutungen durchzogene Motive der Todessehnsucht und Weltflucht in den Gedichten von Eichendorff und Schlegel.

Ein anderer Zeitgenosse Brahms’ war der Dichter Eduard Mörike. Von seiner Lyrik, die sich zwischen Romantik und Realismus bewegt, ließ sich der ehemalige Lübecker Jakobikantor Hugo Distler (1908-1942) inspirieren. In seinem Chorliederbuch, bestehend aus drei Bänden, vertont er die Werke des Dichters und Pastors Eduard Mörike. Die Jugendkantorei singt einige Vertonungen aus dem zweiten Band, den Distler für Frauenchor schrieb, u.a. des bekannten Gedichts “Frühling lässt sein blaues Band” oder das affektreiche “Lied vom Winde” für vier hohe Stimmen.

Kommentiert werden die sehnsuchtsvollen Lieder von Lyrik des 20. Jahrhunderts, darunter Gedichte und Aphorismen des erst 1982 wiederentdeckten portugiesischen Schriftstellers Fernando Pessoa sowie von Texten der berühmten Vertreter des lyrischen Expressionismus, Gottfried Benn, Rainer Maria Rilke und Kurt Schwitters.

Der Erlös des Konzertes geht jeweils zur Hälfte an den Freundeskreis Hospiz Dithmarschen e.V. sowie an die Jugendkantorei der Kirchengemeinde Meldorf. Das Benefizkonzert, veranstaltet vom Lions Club Dithmarschen, findet am 25. März 2023 um 19.30 Uhr im Meldorfer Dom statt. Karten gibt es zu 20,- € an der Abendkasse.